Sport und Bewegung in der Schwangerschaft
Bewegung und Sport sind in der Schwangerschaft wichtig. Wer sich regelmässig bewegt, profitiert vor, während und nach der Geburt von zahlreichen Vorteilen.
Ärztinnen empfehlen heute, sich während der Schwangerschaft zu bewegen – natürlich nur, wenn die Schwangerschaft ohne Komplikationen verläuft, was zum Glück meistens der Fall ist. Dennoch ist nur etwa jede zweite werdende Mutter sportlich aktiv. Und gegen Ende der Schwangerschaft bewegt sich nur noch ein kleiner Teil genügend. Hier spielen vor allem die sportlichen Gewohnheiten vor der Schwangerschaft eine Rolle. Wer weiss, wie gut Sport tut, wird dies auch während der Schwangerschaft nicht missen wollen.
Sich zu bewegen, hat nicht nur in der Schwangerschaft viele Vorteile. Aber dann besonders, weil Sie die Auswirkungen direkt und spätestens bei und nach der Geburt spüren. Allerdings sollten es pro Woche mindestens zweieinhalb Stunden Bewegung oder Sport mit mittlerer Intensität sein. Sport wird generell zur Prävention vieler Krankheiten empfohlen. Während der Schwangerschaft hat er folgende Vorteile:
- Körperlich aktive Schwangere leiden seltener an Schwangerschaftsdiabetes.
- Wer mit geeigneten Übungen den Beckenboden trainiert, leidet weniger an unwillkürlichem Harnabgang, wenn das Baby schwerer wird.
- Ein gut trainierter Beckenboden erleichtert die Geburt.
- Wer über eine starke Rückenmuskulatur verfügt, leidet weniger an Rückenschmerzen durch das wachsende Gewicht des Bauchs.
- Die normalen Schwangerschaftsbeschwerden wie Verstopfung, Darmträgheit und Völlegefühl werden durch Bewegung gelindert.
- Beim Training werden sogenannte Endorphine ausgeschüttet, körpereigene Glückshormone, die Sie entspannt und zufrieden sein lassen und einer Depression vorbeugen.
- In einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln wurde belegt, dass Frauen ein fünffach verringertes Risiko haben, an depressiven Verstimmungen nach der Geburt zu leiden, wenn sie sich davor gesund und trainiert fühlen – und zwar unabhängig davon, wie fit sie wirklich sind.
- Wer sich bewegt, verfügt über eine bessere Haltung und über ein besseres Selbstwertgefühl. Die Sauerstoffversorgung verbessert sich und das Immunsystem wird gestärkt.
- Sport reduziert die Risiken für Krampfadern; Thrombosen und andere Schwangerschaftskomplikationen treten weniger häufig auf.
- Schwangere, die sich regelmässig bewegen, wirken sogar mit Babybauch mobil und unternehmenslustig. Ihr Atemvolumen wird vergrössert, die Haltung verbessert sich, und es lassen sich viele Schwangerschaftsbeschwerden lindern.
Leichtere Geburt dank Bewegung
- Auf den Körper hören. Machen Sie sich keinen genauen Fitness- und Trainingsplan. Hören Sie stattdessen auf Ihren Körper, stoppen Sie, wenn Sie spüren, dass es genug ist, und ruhen Sie sich aus, wenn der Atem knapp wird. Trainieren Sie immer so, dass Sie noch in ganzen Sätzen sprechen können. In der Sportsprache heisst dies: Trainieren Sie im aeroben Bereich.
Moderat trainieren. In vielen Studien konnte nachgewiesen werden, dass moderater Sport in der Schwangerschaft sowohl für die werdende Mama als auch fürs Baby gesund ist. Moderat heisst, dass Sie es ruhig angehen lassen.
Für Frauen mit unkomplizierter Schwangerschaft, die bisher kaum sportlich waren, ist jeder Schritt in Richtung mehr Bewegung ein Gewinn. Starten Sie sanft und steigern Sie sich langsam, bis Sie auf die Basisempfehlung von Gesundheitsförderung Schweiz von zweieinhalb Stunden Bewegung pro Woche kommen. Die körperliche Aktivität sollte auf mehrere Tage verteilt und mittelintensiv sein, wie zum Beispiel Walking, Gymnastik, Pilates, Schwimmen oder Tanzen. Ergänzen Sie mit Beckenbodentraining, einem leichten Krafttraining oder Stretching.
Wenn Sie bereits vor der Schwangerschaft viel Sport getrieben haben, dürfen Sie Ihre gewohnten körperlichen Aktivitäten beibehalten, solange Sie sich dabei wohl fühlen. Generell sollten Sie aber einen Gang zurückzuschalten und die Häufigkeit, die Intensität respektive die Dauer des Trainings verringern. Und falls nötig auch die Art und Weise anpassen.
- Realistische Ziele. Sie werden nach der Schwangerschaft weder mehr Muskeln noch eine bessere Ausdauer haben. Es geht jetzt darum, die vorhandene Muskelmasse und die Leistungsfähigkeit zu erhalten.
- Verletzungsrisiko beachten. Vermeiden Sie Sportarten, bei denen das Risiko, sich zu verletzen, erhöht ist. Durch die Hormone werden Ihre Sehnen, Muskeln und Bänder weicher. Das ist sinnvoll, weil sich der Körper so auf die Geburt vorbereitet. Es macht den Bewegungsapparat aber auch instabiler und erhöht das Risiko, sich den Fuss zu vertreten, umzuknicken oder sich anderswie zu verletzen. Es kommt jetzt nachweislich häufiger zu Verletzungen der Gelenkknorpel, des Innen- und Aussenmeniskus oder des vorderen Kreuzbandes. Vor allem im dritten Schwangerschaftsdrittel sind die Sprung- und Fussgelenke besonders belastet. Vorbeugen können Sie, indem Sie sich vor dem Training gut aufwärmen.
- Stürze vermeiden. Ihr Gleichgewicht kann durch den wachsenden Bauch, das zunehmende Gewicht und den dadurch verlagerten Schwerpunkt schlechter werden. Passen Sie beim Auf- und Absteigen vom Velo oder beim Gehen auf schmalen Wegen auf. Halten Sie sich bei Einbeinübungen fest und überlegen Sie sich immer, wo Sie sich abstützen können.
- Gefahren ausschalten. Vermeiden Sie alle Sportarten, die mit Schlägen, Stössen, möglichen Gewalteinwirkungen oder anderen heftigen, ruckartigen Bewegungen einhergehen. Auch Sprünge sollten Sie möglichst vermeiden. Denken Sie nicht nur an Ihren eigenen Trainingszustand und an Ihr eigenes Können. Überlegen Sie sich, wo Sie durch andere Menschen gefährdet sind, und gehen Sie entsprechenden Situationen aus dem Weg (z. B. Mannschaftssportarten, Kontaktsportarten, unvorsichtige Skifahrer auf der Piste).
- Keine Wettkämpfe. Wehen können durch moderaten Sport kaum ausgelöst werden. Nicht sinnvoll sind jetzt aber leistungsorientierte Sportarten oder Wettkämpfe, weil Sie dabei weniger auf Ihren Körper hören und vielleicht nicht stoppen, wenn es zu viel wird.
- Bei Unsicherheit zur Ärztin. Fragen Sie lieber einmal zu viel bei Ihrem Arzt bzw. Ihrer Hebamme nach als einmal zu wenig. Sollten Sie sich verletzen oder stürzen, ist immer eine Kontrolle angezeigt, damit Sie sicher sind, dass es dem Baby gut geht. Suchen Sie sofort eine Ärztin auf, wenn es während des Sports zu Atemnot, Unterleibsschmerzen, Wehen, Blutungen, Schwindel, Augenflimmern, Kopfschmerzen oder anderen Symptomen kommt, die Sie nicht einordnen können.
- Achtung Risikofaktoren. Seien Sie vorsichtig mit Sport und fragen Sie Ihre Ärztin, wenn einer der folgenden Risikofaktoren vorliegt: Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, respiratorische Störungen, Anämie, stärkeres Über- oder Untergewicht, spezifische Probleme in der Schwangerschaft, bisherige Fehlgeburten, gerade überstandene Infekte, Mehrlingsschwangerschaft.
Raus an die frische Luft. Bewegen Sie sich oft im Freien. Hier werden Sie und Ihr Ungeborenes besser mit Sauerstoff versorgt, Sie nehmen zusätzlich Vitamin D auf und die Durchblutung wird angeregt. Trainieren Sie bei grosser Hitze besser nicht, da Ihr Körper diese jetzt weniger gut ausgleichen kann.
Aufenthalte von mehr als nur zwei, drei Stunden in Höhen über 2500 m über Meer (mit sportlicher Aktivität über 2000 m.ü.M.) sollten Sie meiden. Auch mit der Bergbahn rasch auf über 2500 Meter aufzusteigen, ist für Schwangere, die im Flachland leben, ungünstig.
- Gute Ausrüstung. Tragen Sie gut dämpfende, stützende und stabilisierende Schuhe. Kaufen Sie jetzt einen besonders gut stützenden Büstenhalter!
Tipp
Drei Übungen zum Aufwärmen
- Einfacher Einbeinstand
- Kniebeuge mit gestreckten Armen
- Vierfüsslerstand mit Rotation
Tipp
Heikle Sportarten während der Schwangerschaft
ACHTUNG!
Welche Bewegungen und Sportarten heikel sind, lässt sich nicht generell festlegen, denn das hängt stark von Ihrem aktuellen Trainingszustand ab. Ist Ihr Körper daran gewöhnt, dass Sie schwere Gewichte heben oder joggen, ist der ganze Bewegungsapparat anders in Form, als wenn Sie dies noch nie getan haben. Ihre Muskeln, Sehnen und Bänder konnten sich bereits vor der Schwangerschaft optimal an die gewählte Sportart anpassen. Deshalb gilt: Wer eine Sportart wirklich beherrscht, wird wahrscheinlich auch während der Schwangerschaft Verletzungen, Stürze und Unfälle vermeiden können. Ist die nötige Muskulatur vorhanden und der Bauch eher klein, wird auch das Gleichgewicht weiterhin einfacher zu halten sein, als wenn Sie von einem sehr grossen Bauch ständig nach vorne gezogen werden, was Sie dann ausbalancieren müssen. Vorsicht walten zu lassen heisst in diesem Fall, gut auf sich zu achten und das Risiko individuell möglichst klar abzuschätzen. Und Stopp zu sagen, wenn ein ungutes (Körper-)Gefühl auftritt. Jede werdende Mutter muss letztlich selber abwägen, welche Risiken sie jetzt eingehen möchte und welche nicht. Im Zweifelsfall gilt: Neun Monate gehen rasch vorbei und sind bei der heutigen Lebenserwartung ein Klacks.
Zu den als heikel eingestuften Sportarten, vor allem ab dem zweiten Trimester, gehören Bodenturnen, Inline-Skating, Rudern, Skifahren und Snowboarden, Tennis, Squash und Ballsportarten, intensives Thai- und Kickboxen und Windsurfen. Bei den folgenden Sportarten zeigen Studien und Erfahrungswerte von Ärzten, dass sie tatsächlich zu gefährlich sind. Sie sollten jetzt nicht ausgeübt werden: Klettern, Bergsteigen, Boxen, Bungee-Jumping, Eiskunstlaufen, Fallschirmspringen, Gleitschirmfliegen, Kampfsportarten inklusive Judo, Leichtathletik wie Stoss-, Wurf- und Sprungdisziplinen, Kurzstrecken- sowie Langstreckenlauf unter Wettstreitbedingungen, Geräteturnen oder Kunstturnen, Reiten, Tauchen mit Druckluftflaschen und Wasserskifahren.
Problematische Bewegungen und Positionen
Auch beim Training zu Hause und bei grundsätzlich geeigneten Sportarten gibt es ein paar Übungen, die erfahrungsgemäss ungeeignet sein können, wenn Sie schwanger sind.
Rückenlage. Meistens ist die Rückenlage in den ersten Monaten problemlos. Je länger die Schwangerschaft andauert, umso eher könnten Sie jedoch vom sogenannten Vena-Cava-Syndrom betroffen werden. Die Vena cava (Hohlvene) verläuft rechts entlang der Wirbelsäule und transportiert das Blut aus dem Körper zurück zum Herzen. Liegt die werdende Mutter auf dem Rücken, kann das Baby auf diese Vene drücken. Das kann die Sauerstoffversorgung beeinträchtigen, der Blutdruck fällt unter Umständen ab. Ihnen wird übel und schwindlig, der Puls steigt möglicherweise. Wenn Sie auf der Seite liegen, geschieht dies nicht. Allerdings gibt es auch Frauen, die sogar bis zur Geburt problemlos auf dem Rücken schlafen können, ohne je vom Vena-Cava-Syndrom betroffen zu sein. Sie können auch weiterhin auf dem Rücken liegend trainieren.
Sollten Sie sich unwohl fühlen, brechen Sie Übungen in Rückenlage sofort ab! Trainieren Sie nicht mit Hanteln – sie könnten Ihnen aus der Hand auf den Bauch oder Kopf fallen.
Bewegungen kopfüber. Kopfüber-Moves sind nicht ideal, weil es Ihnen in den ersten Monaten übel und schwindlig sein kann. Solche Übungen verstärken diese Probleme. Verzichten Sie jetzt besser darauf.
Sprünge und Übungen, die Druck auf die Gebärmutter ausüben. Vermeiden Sie ruckartige Bewegungen und Sprünge, aber auch alle Bewegungen, die Druck auf die Gebärmutter ausüben. Sobald sich etwas unangenehm anfühlt, hören Sie auf damit und fragen Sie bei Unsicherheiten Ihre Hebamme bzw. Ihre Ärztin um Rat.
Bauchmuskeltraining ja, aber … Übungen, welche die geraden Bauchmuskeln stärken, sind am Anfang der Schwangerschaft erlaubt. Bis etwa zur 20. Schwangerschaftswoche müssen Sie keine Angst haben, dass das Baby wegen der Muskeln zu wenig Platz im Bauch haben könnte. Führen Sie die Übungen immer kontrolliert und vorsichtig aus. Nach der 20. Schwangerschaftswoche sollten Sie Übungen der geraden Bauchmuskulatur wie gerade Sit-ups weglassen, weil sonst die Bauchmuskeln auseinanderklaffen könnten (Rektusdiastase). Auch könnte ein Sixpack das Baby im Bauch einengen. Stärken Sie daher die gerade Bauchmuskulatur durch statische Übungen, bei denen die Muskellänge konstant bleibt und die Muskeln lediglich angespannt werden. Damit die Gebärmutter ausreichend Platz findet und das leichte Öffnen der geraden Bauchmuskeln zugelassen wird, dürfen Sie die schrägen Bauchmuskeln weiterhin trainieren.
Gegen Ende der Schwangerschaft sollten Sie generell auf Bauchmuskeltraining und Rumpfübungen wie Planks verzichten. Dabei ist der Bauch zu sehr angespannt, was sich unangenehm anfühlt und auch nicht gut ist für das Ungeborene.
Grätsche. Sobald sich der Muttermund etwas zu öffnen beginnt oder wenn Sie zu vorzeitigen Wehen neigen, sind auch Übungen mit einer Öffnung der Hüfte (z. B. die sitzende Grätsche) ungeeignet.
Der Trainingspuls für werdende Mütter
Fachleute sind sich einig, dass Sie sämtliche Sportarten und Übungen während der Schwangerschaft im sogenannten aeroben Bereich absolvieren sollen. Was heisst das? Damit die Muskulatur arbeiten kann, benötigt sie Energie. Diese kann sie mit Sauerstoff (aerob) oder ohne Sauerstoff (anaerob) verarbeiten. Im aeroben Bereich (aerober Energiestoffwechsel) wird die Energie mithilfe von Sauerstoff aus der Fett- und Kohlenhydratverbrennung gewonnen.
Intensives Training findet im anaeroben Bereich statt. Dabei wird eine Sauerstoffschuld eingegangen, es entsteht viel Milchsäure (Laktat), die vom Körper wieder abgebaut werden muss. Eine solche Sauerstoffschuld oder -unterversorgung durch zu hartes Training kann zu einer schlechteren Versorgung des Ungeborenen führen. Deshalb ist ein hoch intensives Training im anaeroben Bereich jetzt tabu. Die gute Nachricht: Bei Schwangeren wird die kritische Laktatgrenze später erreicht als bei Nicht-Schwangeren. Die Milchsäure wird zwar genau gleich in den Muskeln hergestellt, aber durch das erhöhte Blutvolumen stärker verdünnt. Eine Übersäuerung tritt dadurch später auf.
Verschiedene Studien konnten zeigen, dass schwangere Frauen ihre Belastung selber sehr gut einschätzen können und meistens automatisch im richtigen, sprich aeroben Bereich trainieren. Sie können sich also auf Ihr Körpergefühl verlassen. Falls Sie bisher nie mit einer Pulsuhr trainiert haben und dies auch jetzt nicht möchten, trainieren Sie nach der Regel 1: Auf den Körper hören. Das heisst: Solange Sie in ganzen Sätzen reden können, laufen Sie kaum Gefahr, sich zu überfordern. Auch wenn Sie mit einer Pulsuhr trainieren, sollten Sie übrigens Ihr Training subjektiv überprüfen und immer noch in ganzen Sätzen reden können.
Tipp
Haben Sie bisher mit einer Pulsuhr trainiert, und kennen Sie dank Tests Ihre Werte (Ruhepuls, Maximalpuls etc.)?
Orientieren Sie sich während der Schwangerschaft an folgender Faustregel: Trainieren Sie ab dem 3. Monat nicht im Hochfrequenz-Pulsbereich (70–80 Prozent des maximalen Pulses), sondern eher mit 50–65 Prozent. Untersuchungen haben gezeigt, dass es nach 30 Minuten auf dem Laufband keine Blutflussveränderungen in der Nabelschnur gab, zumindest nicht bei einer Leistung unter 60 Prozent des maximalen Pulsschlags.