Start ins neue Jahr!

Trainingspause und Leistungskurve: So gelingt der Wiedereinstieg ins Training

Mit sportlichen Vorsätzen im Gepäck in die neue Saison starten? Über den Sommer eine Trainingspause eingelegt? Fitness- und Bewegungsexperte Benedikt Nann gibt Tipps, worauf Breitensportlerinnen und -sportler beim Einstieg oder Wiedereinstieg ins Training achten sollten.

   Kurz und einfach

Viele Sportler machen über den Sommer eine Pause.
Das tut ihnen auch gut.
Danach sollten sie langsam ins Training wieder einsteigen.

Über die Sommerpause sind Sportschuhe und Trainingskleidung im Schrank geblieben. Statt Trainingseinheiten standen Grillabende und Festivals im Terminkalender. Im Freundeskreis und in der Familie hat man es sich gut gehen lassen und die eine oder andere Schlemmerei genossen.

Besonders während der Hitzetage fällt es oftmals schwer, Disziplin zu bewahren und sportlich aktiv zu bleiben. Die fixen Trainingsgruppen pausieren. Um ein alternatives Trainingsprogramm, beispielsweise Jogging, Walking oder den Besuch im Fitnesscenter durchzuziehen, fehlt dem einen oder anderen Zeit und Motivation. Gratulation an alle, die ihre Trainingseinheiten über den Sommer in gewohnter oder immerhin in reduzierter Form absolviert haben.
 

Können Trainingspausen aufgeholt werden?

Benedikt Nann

Eine kleine Pause über den Sommer macht doch nichts. Und in der Saisonvorbereitung werden die zusätzlichen Kalorien schnell wieder verbrannt. Einfach ein paar Kilo mehr Gewicht auflegen oder ein paar Kilometer mehr ins Training packen und voilà, schon ist die Trainingslücke wieder aufgeholt.

Oder etwa nicht? Wir haben dazu unseren Fitness- und Bewegungsexperten, Benedikt Nann, gefragt. Im Interview erklärt er, wie der Wiedereinstieg nach der Trainingspause gelingt und welche Rolle Pausen hinsichtlich der persönlichen Leistungskurve spielen.

Über die Sommerferien eine Pause eingelegt, den Trainingsrhythmus verloren: Was empfehlen Sie Breitensportlern für den Wiedereinstieg ins Training?

Es ist wichtig, mit einem positiven Gefühl in die ersten Trainings zu starten. Die Emotion, dass man die Trainingspause verdient hatte, sollte überwiegen und einen beflügeln statt hemmen. Denn eine kurze Pause von körperlicher Aktivitäten hat auch zahlreiche Vorteile und ist wohlverdient, wenn man während des ganzen Jahres regelmässig trainiert. Der Körper, die Muskeln, Sehnen und Bänder, etc. können sich ohne Belastung komplett regenerieren.

Mit diesem guten Grundgefühl sollten Breitensportlerinnen und -sportler die ersten Trainings der Saisonvorbereitung angehen. Allenfalls empfiehlt es sich sogar in den ersten Trainings einen unterschwelligen Trainingsreiz zu setzen. Das bedeutet, dass sie punkto Dauer, Intensität und Umfang sogar etwas weniger machen als vor der Pause. Dafür nehmen sie sich vielleicht etwas mehr Zeit, um nach der Trainingseinheit in Ruhe zu stretchen. Nach einer solchen reduzierten Trainingseinheit stellt sich oft ein gutes, wohliges und befriedigendes Gefühl ein, welches für weitere Trainings in der Saisonvorbereitung motiviert. Weiter ist mit dieser Herangehensweise sichergestellt, dass sie ihren Körper nicht überfordern und langsam wieder an die gewohnte Belastung heranführen. Man darf sich ruhig zwei bis drei Wochen Zeit geben, bis man wieder in der gewohnten Intensität trainiert.

Frau erholt sich und entspannt die Muskeln mit einer Blackroll.
Die Regeneration (Stretching, Faszientraining, usw.) zwischen den Trainings ist genauso wichtig!

Wiederaufnahme des Trainings: Trainingsintensität und -umfang

Was passiert, wenn übermotiviert in die Aufbauphase nach der Sommerpause gestartet und jeden Tag trainiert wird?

Grundsätzlich ist es eine hervorragende Ausgangslage, wenn man sich motiviert fühlt, um wieder Sport zu treiben. Wichtig ist es aber, diese Motivation gezielt einzusetzen und langfristig davon zu profitieren. Ziel sollte sein, sich zu motivieren, in der nächsten Saison beispielsweise «seine» zwei Trainingseinheiten pro Woche konsequent während der ganzen Saison durchzuziehen. Dies bringt einen langfristigen positiven Effekt für die Leistungsfähigkeit und das eigene Wohlbefinden.

Unbedingt vermeiden sollte man den Versuch, ausgelassene Trainingseinheiten zu kompensieren und dabei den Körper mehr als gewohnt zu belasten. Erst wenn zwischen den einzelnen Trainingseinheiten genügend Erholung eingeplant wird, kommen die positiven Anpassungen des Körpers, welche durch ein Training anvisiert werden, zustande. Zu diesen zählen die Muskelregeneration und der Muskelaufbau, das Auffüllen des Glykogenspeichers, hormonelle Anpassungen und die Erholung des Immunsystems. Beispielsweise ist eine Regenerationspause von mindestens 48 Stunden nach einem Ganzkörper-Krafttraining sehr sinnvoll.

Zudem besteht sonst die Gefahr den Körper komplett zu überfordern, indem man mehr trainiert als gewohnt und dies vor allem nach einer Trainingspause. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass zu starke Trainingsreize gesetzt werden, welche dem Körper kurzfristig eher schaden.

Der Trainingsumfang, das heisst die Anzahl der Einheiten, sowie die Dauer und die Intensität des Trainings sollen sich beim Wiedereinstieg nach einer Pause unbedingt im gewohnten Rahmen bewegen. Dies gilt vor allem für die ersten drei Wochen nach Wiederaufnahme des Trainings.
 

Kontinuität vor Übereifer. Wie lange dauert es, bis das entstandene «Trainingsloch» aufgeholt ist?

Hier gibt es aus sportwissenschaftlicher Sicht nur eine Antwort. Kontinuität ist der wichtigste gemeinsame Nenner für langfristige positive Veränderungen. Dies gilt sowohl im Breitensport als auch für ambitionierte Spitzensportlerinnen und Spitzensportler. Zudem sollte man sich unbedingt von der Überzeugung lösen, ein allfälliges Trainingsloch möglichst schnell aufzuholen zu müssen. Die Frage wie lange es dauert, bis ein Trainingsrückstand aufgeholt ist, hängt von vielen individuellen Faktoren ab.

Breitensportlerinnen und Breitensportler sollten sich nicht zu stark vom Gefühl der verlorenen Trainingseinheiten verleiten lassen. Wenn sie unbedingt fitter und leistungsfähiger werden will, ist es umso wichtiger, dass sie sich langfristige, neue Ziele setzen. Zum Beispiel können sie anvisieren, in den nächsten drei bis zwölf Monaten ein Training mehr pro Woche zu absolvieren.
 

Ab wann kann die Anzahl der Trainingseinheiten gesteigert werden?

Bei der Steigerung der Trainingsbelastung gilt die Faustregel, dass man zuerst die Anzahl der Trainingseinheiten steigert. Ist diese Steigerung erfolgreich umgesetzt worden, kann der Umfang der einzelnen Trainings erhöht werden. Beispielsweise kann in jeder Einheit pro Woche eine Kraftübung hinzugefügt werden. Zum Schluss kann die Intensität gesteigert werden. Ein Beispiel hierfür wäre die Erhöhung der Gewichte bei den Übungen oder auch die Geschwindigkeit auf dem Laufband. Es ist also grundsätzlich richtig, das Ziel zu verfolgen, die Anzahl Trainings sukzessive zu steigern.

Voraussetzung für eine Steigerung der Anzahl Trainings ist, dass man sich, nach zwei bis drei Wochen Startphase, von den aktuellen Trainings genügend erholen und regenerieren kann, sich wohlfühlt und beschwerdefrei ist.

Ein gutes Gefühl für den eigenen Körper spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Niemand kennt den eigenen Körper besser als man selbst. Deshalb ist es zielführend, auf den eigenen Körper zu hören, um selbst abzuschätzen zu können, wann eine Steigerung angebracht ist. Wichtig ist, dass man die Anzahl Trainings nur steigert, wenn man diese auch langfristig beibehalten kann.

 

  Steigerung der Trainingsbelastung kurz zusammengefasst:

  1. Die Anzahl an Trainingseinheiten pro Woche steigern.
  2. Den Umfang der einzelnen Trainingseinheiten steigern
  3. Die Intensität der einzelnen Trainingsübungen steigern.
 

Im Blick auf die Leistungskurve: Training durchziehen oder pausieren?

Auf einen längeren Zeitraum gesehen. Wie verläuft die Leistungskurve? Empfiehlt es sich so oder so mal eine Trainingspause einzulegen?

Für Sportlerinnen und Sportler, die langfristig und nachhaltig ihre Leistung steigern und die persönliche Leistungskurve positiv beeinflussen möchten, ist es das Wichtigste eine langfristige Trainingsplanung vorzunehmen und sich genau zu überlegen, wie viele Trainings pro Woche für die nächsten zwei bis drei Jahren realistisch sind.

Wer sein Training dann entsprechend über Monate und Jahre grundsätzlich regelmässig absolviert, der darf auch ruhig zwei bis drei Mal im Jahr eine kürzere Trainingspause einlegen. Kürzere Trainingspausen oder idealerweise Perioden von stark reduziertem Training von zirka einer Woche können sogar positive Auswirkungen auf die persönliche Leistungskurve haben. Der Körper ist wieder komplett ausgeruht und die Energiespeicher sind neu geladen. Somit ist man bestens vorbereitet für neue Trainingsreize. Im besten Fall kann eine solche «lohnende» Trainingspause oder Trainingsreduktion dann sogar zu einem Anstieg der persönlichen Leistungskurve führen.