Erektionsstörungen
Endlich Zeit für eine erotische Nacht. Doch sein bestes Stück will nicht so recht. Und jetzt? Viagra und Co.? Erfahren Sie, wie Sie mit Erektionsstörungen umgehen und wann Sie zum Arzt gehen sollten.
Auf den Abend hatten Sie sich die ganze Zeit gefreut: Nach der anstrengenden Woche wollten Sie mit Ihrer Liebsten in Ruhe kochen, eine gute Flasche Wein aufmachen und dann nachholen, was in den letzten Wochen zu kurz gekommen war: Liebe machen. Alles lief prima, aber als Sie gemeinsam im Bett waren, wollte urplötzlich Ihr bestes Stück nicht so, wie Sie es sich ausgemalt hatten. Es war, wie Sie nach all den durchgearbeiteten Tagen, einfach nur schlapp. Dass Ihre Partnerin grosse Lust hatte und Sie und Ihren Penis durch den Einsatz geballter Erotik wieder aufrichten wollte, machte die Sache für Sie nur noch schlimmer… Beim nächsten Mal muss das aber wieder so richtig klappen. Die Erektion ist rein körperlich an sich eine einfache Sache: Bei erotischen Reizen sorgen Nervenimpulse vom Gehirn dafür, dass die Arterien im Penisschwellkörper sich erweitern und dadurch den Abfluss des Bluts über die Venen verhindern. Es verbleibt immer mehr Blut im Penis, was dann letztlich zum Aufrichten (Erektion) des Penis führt. Nach dem Orgasmus vermindert sich die Durchblutung wieder, und das Blut kann aus den Schwellkörpern abfliessen.
Aber Sex ist – anders als oft behauptet und angenommen – auch bei Männern zum Grossteil Kopfsache und damit komplexer und störungsanfälliger, als man(n) sich oft eingestehen möchte. Das grösste Sexualorgan befindet sich eben zwischen den Ohren.
Fast jeder Mann hat in seinem Liebesleben schon die Erfahrung gemacht, dass es mit der Erektion zum entscheidenden Zeitpunkt nicht klappte. Als junger Mann, weil man unerfahren und aufgeregt ist, mit zunehmendem Alter, weil man mit seinem Kopf bei Arbeit und Karriere ist und auf den Punkt funktionieren muss, und später, weil die Körperfunktionen insgesamt nachlassen und nicht mehr ganz so zuverlässig arbeiten. Eigentlich alles halb so schlimm, wären da nicht die eigenen und auch fremden Vorstellungen und Erwartungen – der Mann, der immer kann: ein Mythos, der glücklicherweise an Bedeutung verliert. Schlimm wird es allerdings, wenn sich ein Teufelskreis aufbaut: Das letzte Mal hat es nicht geklappt, wenn es jetzt wieder nicht klappt und ich versage … Irgendwann wird dadurch auch die beste Partnerschaft auf eine harte Probe gestellt.
DAS KÖNNEN SIE SELBST TUN
Sprechen Sie über Ihre Probleme! Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin – nur gemeinsam können Sie eine Lösung finden. Stellen Sie sich in diesem Zusammenhang auch folgende Fragen:
• Wie oft haben wir Sex? Ist das für uns zu selten/genug/zu häufig?
• Wie lange habe ich die Erektionsstörungen schon? Gab es dafür einen Auslöser?
• Habe ich morgendliche Erektionen?
• Finde ich meine Partnerin attraktiv oder stört mich etwas – nicht nur sexuell?
• Welche Erwartungen habe ich an den Sex?
• Was, denke ich, erwartet meine Partnerin vom Sex?
• Kann ich in meiner Beziehung offen über (Sex-)Probleme reden?
Wenn Sie Dinge offen ansprechen, auch Alltagsprobleme, die erst einmal nicht direkt etwas mit Ihrem Sexualleben zu tun haben, ändert sich häufig auch Ihre sexuelle Zufriedenheit. Erektionsprobleme können ein Hinweis sein, dass in Ihrem Leben etwas nicht stimmt: zu viel Druck, zu viele Erwartungen, Ereignisse, die Sie nicht verarbeitet haben, oder Wünsche, die Sie nicht formulieren können oder wollen. Insofern können Ihre Erektionsprobleme auch ein Anstoss sein, etwas in Ihrem Leben zu ändern. Offen über Wünsche und Erwartungen zu reden, kann Ihnen helfen, Versagensängste abzubauen. Wenn Sie als Paar alleine nicht weiterkommen, kann eine Paartherapie weiterhelfen. Haben Sie die Krise gemeinsam überwunden, ist die körperliche Verbundenheit intensiver als zuvor.
DAS MACHT DER ARZT
Belasten Sie Ihre Erektionsprobleme, sollten Sie zunächst mögliche körperliche Ursachen ausschliessen. Alleinige körperliche Ursachen für eine erektile Dysfunktion (Erektionsstörung) sind zwar selten, kommen aber vor. Jahrelanger (schlecht kontrollierter) Diabetes, ein nicht behandelter Bluthochdruck und vor allem das Rauchen können die Erektionsfähigkeit vermindern oder erschweren. Ist bei Ihnen die Erektion gestört, kann dies ein Hinweis sein, dass auch schon andere Gefässe Ihres Körpers in Mitleidenschaft gezogen sind. Besonders die kleinen Gefässe am Herzen sind anfällig für diese Veränderungen – die Gefässverkalkung. Sie sollten dann dringend die Herzgefässdurchblutung durch Ihren Arzt überprüfen lassen – z. B. durch eine Belastungsergometrie (EKG bei Belastung). Diabetes und Bluthochdruck müssen vom Arzt behandelt werden, damit die Gefässe geschützt und somit auch Ihre Erektionsfähigkeit wieder verbessert werden kann.
Auch Erkrankungen der Prostata und des Hodens sollten vom Arzt ausgeschlossen werden.
Nehmen Sie Medikamente, so fragen Sie Ihren Arzt, ob sie die Auslöser Ihrer Erektionsprobleme sein können. Kommen Medikamente als Auslöser infrage, kann Ihnen möglicherweise ein anderes Präparat verschrieben werden. Durch regelmässigen Sport, Nikotinverzicht, mässigen Alkoholkonsum und Normalgewicht sorgen Sie dafür, dass Ihre Adern gesund bleiben und die Erektion auch im hohen Alter noch gut funktioniert.
Viagra und Co.
Was ist das eigentlich? Der Wirkstoff in Viagra heisst Sildenafil. Er hat inzwischen zahlreiche Verwandte bekommen, die alle auf eine ähnliche Art und Weise funktionieren: Eigentlich wurden die Wirkstoffe als Blutdrucksenker entwickelt. Sie setzen im Gefässsystem eine Substanz frei, die zur Erweiterung der Adern führt. Dadurch sinkt zwar auch der Blutdruck, es kommt aber vor allem – ein erotischer Reiz vorausgesetzt – zu einer Erektion.
Der Arzt hilft weiter: Wenn Sie diese Präparate einsetzen wollen, so sollten Sie dies vorher mit Ihrem Arzt – wegen der Nebenwirkungen beziehungsweise Vorerkrankungen – und vor allem mit Ihrer Partnerin besprechen. Nehmen Sie Tabletten nach dem Motto: «Ich will funktionieren, und damit klappt das auf jeden Fall», ist das eher gefährlich, da es dann von Mal zu Mal schwieriger wird, ohne Hilfsmittel zu funktionieren. Es entsteht schnell eine psychische Abhängigkeit von den Pillen.
Sex ohne Angst: Wenn Sie die «blaue Pille» in Absprache mit Ihrer Partnerin nehmen, kann das wieder Wege für eine unbeschwerte Sexualität öffnen: Die Angst ist weg, beide wissen, dass grundsätzlich alles funktioniert, und können es das nächste Mal wieder ohne Pille versuchen.
Nicht für jeden: Bei einer Erkrankung – z. B. langjährigem Diabetes – kann es tatsächlich sein, dass eine befriedigende Erektion nur noch mit einem Potenzmittel zu erreichen ist. Sprechen Sie den Einsatz dann auf jeden Fall mit Ihrem Arzt ab, da auch Ihre Herzdurchblutung eingeschränkt ist und Sex letztlich eine nicht unerhebliche körperliche Belastung ist.
Lieber aus dem Internet? Die «blaue Pille» im Netz zu ordern, ist keine gute Idee: Die Gefahr von Fälschungen ist gross. Das Thema Erektionsstörung bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin anzusprechen, braucht Ihnen nicht peinlich zu sein; er oder sie hört davon viel öfter, als Sie glauben.