Heilkräuter aus der Natur: Die Kraft von Kräutertees in der Hausapotheke
Altbewährte Hausmittel sind manchmal die beste Medizin. Die Kräuterbäuerin Beatrice Bissig-Odermatt erinnert in ihrem Artikel an die Kraft heimischer Heilkräuter. Von ihren ersten Begegnungen mit Kräutern und Pflanzen als Kind auf den Wiesen im Engelbergertal, bis hin zu ihren Erfahrungen als Kräuterexpertin, teilt sie ihr reiches Wissen. Lassen Sie sich in die Welt der Heilkräuter mitnehmen. Erfahren Sie, wie Wilder Thymian und Huflattich nicht nur Erkältungen bekämpfen, sondern auch Ihre Seele stärken können.
Kurz und einfach
Sie hat einen grossen Kräutergarten.
Sie macht auch Tee aus diesen Heilkräutern.
Heilkräuter können uns beim Gesundwerden und Gesundbleiben helfen.
Beatrice Bissig-Odermatt zeigt uns verschiedene Kräuter und erklärt ihre Verwendung.
Beatrice Bissig-Odermatt ist erfahrene Kräuterbäuerin, Heilpflanzenspezialistin und Ethnobotanikerin. Inmitten ihres botanischen Heilpflanzengartens lebt sie mit ihrer Familie auf dem Hof Neufallenbach im archaischen Engelbergertal. Mit ihren vier Kindern hat sie unter anderem unzählige Schnupfnasen, verschiedenste Hustenerkrankungen, Schluck- und Halsschmerzen durchlebt und erfolgreich mit Heilkräutern behandelt. Ihr Wissen gibt sie in ihrer Fachliteratur, an Kursen und als Referentin weiter.
Schon als kleines Mädchen streifte ich durch Wiesen und Felder. Ich tanzte mit den Sommervögeln und lauschte dem Zirpen der Grillen. Gemeinsam mit meinem Grossvater pflückte ich eifrig Kräuter und Blumen für unseren Erkältungstee. Unser Sammelradius war klein, denn meine Beine noch kurz und mein Grossvater uralt. Trotzdem wie durch Zauberhand fanden wir alles, was wir brauchten. Nein, ich bin keine Märchenfigur. Was ich Ihnen hier und in weiteren Artikeln erzähle, habe ich wirklich so erlebt. Es ist meine reiche Erfahrung mit Heilkräutern und Kräutertees, dem Kranksein und Gesundwerden, die ich mit Ihnen teilen will.
Wilder Thymian in der Hausapotheke: Mehr als nur ein Heilkraut gegen Erkältungen
Die Pflanzen, die ich damals mit meinem Grossvater gesammelt habe, liebe ich auch heute noch. In all den Jahren habe ich dazugelernt, dass der wilde Thymian nicht nur eine desinfizierende Wirkung hat, Viren vertreibt und schleimlösend wirkt, sondern auch Mut macht und mit seinem überschwänglichen Selbstbewusstsein meine Persönlichkeit zu stärken vermag.
Sie finden ihn auf steinigen Wegrändern und sonnenverwöhnten Hanglagen. Wilder Thymian lässt sich zudem ganz einfach im Garten oder im Topf auf dem Balkon kultivieren. Klein und unscheinbar kriecht diese ausdauernde Blütenpflanze nur gerade 5 bis 10 cm über den Boden. Sobald der Wilde Thymian gestört wird und Sie auf ihn treten, entspringt ihm augenblicklich eine Duftwolke ätherischer Öle mit einem starken und würzigen Geruch. Als wolle er sagen: «Halt! Komm mir nicht zu nahe – lasse mich in Ruhe.» Genau diesen Abwehrreflex weckt er auch in Ihnen, wenn Sie Besuch von Bakterien, Grippeviren, Hustenerregern und allerhand anderen ungebetenen und nervenden Gästen haben – auch ganz reale, sei es Mensch oder Tier. Damit befreit dieser winzige Wildling nicht nur Ihre Atemwege, sondern schenkt Ihnen innere Ruhe, Entspannung und Stärke. Die Anwendung ist ganz einfach: Ein paar Triebspitzen mit den Fingernägeln abknipsen und frisch oder getrocknet zu einem Tee aufgiessen.
Magie in der Hausapotheke: der Huflattich
Ich erinnere mich noch gut, wie mir mein Grossvater jeweils im frühen Frühling die wunderbar gelben Blüten des Huflattichs zeigte. Huflattich ist eine Sonnenpflanze. Seine Blüten öffnen sich ausschliesslich bei strahlendem Sonnenschein und überfluten Kiesplätze und Wegränder mit ihrem fröhlichen Gelb. Sobald eine Wolke aufzieht, schliessen sie sich schlagartig. Erst wenn die Blüten nach einiger Zeit verblühen, haben sie nicht mehr die Energie, ihre Blütenköpfchen mit dem Rhythmus des Sonnenscheines zu öffnen und zu schliessen. Sie bleiben stehen, bis der Wind ihre reifen Samen an zierlichen Fallschirmen in die Welt hinausträgt.
Auch Huflattich ist eine wichtige Atemwegs- und Hustenpflanze und gemeinsam mit dem Wilden Thymian hierzulande wohl eine der Traditionellsten. Seinen Platz in unserer Hausapotheke hat er wahrlich verdient. Huflattich hat eine entzündungshemmende, auswurffördernde und reinigende Wirkung. Er hilft Ihnen, Festsitzendes auszuhusten. Ablagerungen und zäher Schleim lösen sich, das Atmen wird leichter. Er bringt Verstocktes ins Fliessen, das freut auch Ihre Niere. Zugleich bekommt Ihr Gemütszustand neuen Schwung und Altlasten können sich lösen. Gelassenheit, Freude und Leichtigkeit breiten sich in Ihnen aus. Schauen Sie sich bei der nächsten Gelegenheit unbedingt eine Huflattichblüte genauer an. Wie eine strahlende Sonne vermag sie Ihre Stimmung zu heben und bringt Glückseligkeit in Ihr Herz.
Die perfekte Mischung: Heilkräuter in unserer Hausapotheke
Und das ist noch nicht alles. Mit der Zugabe von Malven zum Beispiel bekommt Ihr Erkältungstee eine weitere extra Portion Power. Die Malven, zu dieser Familie gehören Pflanzen wie Stockrosen, Eibisch, wilde und blaue Malven, Moschusmalven, haben die besondere Fähigkeit, in einer Kräutermischung als Wirkstoffverstärker zu fungieren. Wenn Sie Ihrer Mischung Malven beigeben, wird Ihr Erkältungstee also noch potenter.
Kräutermischungen lohnen sich allemal, denn sie sind mehr als die Summe aller Bestandteile. Traditionellerweise werden Kräutertees bei uns im Alpenraum immer gemischt. In der Regel beinhaltet eine Mischung mindestens fünf Bestandteile. Ich habe schon Mischungen aus beinahe hundert verschiedenen Kräutern gesehen, je nach Pflanzenwissen des Sammlers eben. In dieser uralten Heiltradition, die sich über den ganzen Alpenraum und weiter nach Eurasien hin erstreckt, steckt ganz viel Magie. Solche «Haustees» werden für alle möglichen Gesundheitsbeschwerden verwendet und wirken immer «richtig». Das lässt sich wissenschaftlich natürlich nicht erklären. Den Berglern macht das nichts aus, Hauptsache der Kräutertee hilft. Ob Sie die Heilkräuter selbst sammeln, sie bei der Kräuterfrau Ihres Vertrauens oder in der Apotheke oder Drogerie kaufen, ist nicht so entscheidend. Natürlich gibt es markante Unterschiede in der Kräuterteequalität – wenn Sie krank sind, ist es erst einmal wichtig, dass Sie überhaupt Tee trinken.
Richtig dosiert: Tipps zur Anwendung von Heilkräutern
Kräutertee ist in unserer Hausapotheke wieder «en vogue» und mit einer Infusion, wie sie im Fachjargon genannt wird, können Sie sich bei vielen Alltagsbeschwerden auf einfache Weise selbst helfen. Sie brauchen dazu lediglich kochend heisses Wasser, um damit eine Prise Ihrer Kräutermischung aufzugiessen. Am besten in einem Glas, Porzellan oder Tonkrug. Lassen Sie den Aufguss nun einige Minuten ziehen und sieben Sie ihn in eine Tasse ab.
Es lohnt sich, die Kräuter im Krug zu belassen, bis Sie ihn leer getrunken haben. Einige Inhaltsstoffe wie schützende Schleimstoffe oder entzündungshemmende Gerbstoffe lassen sich für die volle Entfaltung ihrer Wirkung, etwas Zeit. Somit wird Ihr Erkältungstee von Tasse zu Tasse gesünder! Von Ein-Tassen-Portionen halte ich persönlich nicht viel. Es ist schwierig, so kleine Mengen zu dosieren. Meistens landet zu wenig Wasser auf zu vielen Kräutern. Übriggebliebenen Tee können Sie in den nächsten 12 bis maximal 24 Stunden auch zimmerwarm geniessen oder Sie erfreuen Ihre Zimmerpflanzen mit dieser extra Portion Flüssigdünger. Wenn Sie in einem Mehrpersonenhaushalt leben, dürfen Ihre Mitbewohner, auch wenn sie nicht krank sind, den Tee mittrinken. Denn wie erwähnt, haben Erkältungstees in der Regel auch eine entspannende und beruhigende Wirkung.
Ich empfehle Ihnen, im Krankheitsfall den Tee möglichst heiss zu trinken, denn so können Sie zusätzlich den heilenden Effekt der Wärme nutzen. Auch wenn das Teetrinken für Sie vielleicht alltäglich ist, spielen doch mehrere unterstützende Heilfaktoren wie Wasser, Wärmeeinwirkung, Wirkstoffe, Zuneigung und «Pflanzengeister» – Sie tun sich selbst oder anderen etwas Gutes – eine wichtige Rolle. So eine Heilanwendung entspannt, lindert Ängste und vermittelt Ihnen das wohltuende Gefühl, umsorgt zu sein. Diese und weitere Aspekte einer ganzheitlichen Behandlung kennen wir in unserer Kultur schon seit Jahrtausenden und nutzen sie bis heute in allen unseren Gesundheitssystemen.
Heilkräuter für alle Fälle: bei Atemwegsproblemen und Erkältungssymptomen
Denken Sie daran, Kräutertees haben eine starke Wirkung. Je kränker Sie sind, je dünner sollten Sie den Tee ansetzen. Hier gilt weniger ist mehr. Bei zusätzlichen Symptomen wie Übelkeit, Appetitmangel, starke Abgeschlagenheit und/oder langanhaltendem Fieber, ist Ihre Erkältung möglicherweise Teil einer Grippe. Hier können Sie mit weiteren Heilpflanzen Ihre Leber und Nieren unterstützen. Dazu helfen Kräuter wie Mariendistel, Schafgarbe, Goldrute, wilde Karde und Löwenzahn. Seien Sie achtsam bei kranken Kleinkindern und Babys: Giessen Sie den Kräutertee spärlich dosiert auf und verdünnen Sie ihn nochmals zur Hälfte mit Wasser. Falls Sie stillen, trinken Sie den Erkältungstee besser selber und lassen ihn über die Muttermilch wirken.
Ganz nach dem Motto «wo die Krankheit, da das Heilkraut» hat unsere heimische Pflanzenwelt bei Atemwegserkrankungen etliches auf Lager.