Tinnitus
Plötzlich fiept und rauscht es im Ohr. Die Geräusche werden mit der Zeit lauter: ein Tinnitus? Erfahren Sie, was Sie dagegen tun können und was der Arzt bei einem Tinnitus macht.
Sie haben ein bisschen viel Stress gehabt in der letzten Zeit: Beruflich sind 12-Stunden-Tage keine Seltenheit, Sie haben Schulden und dann noch Sorgen um die eigenen Eltern. Plötzlich ist da ein Fiepen, ein Rauschen im Ohr. Zuerst denken Sie noch, das wird sich schon wieder geben, aber mit der Zeit wird der Ton lauter und raubt Ihnen Schlaf und Nerven. Auf lange Sicht sind soziale Isolation und Depressionen nicht selten die Folgen des aufdringlichen Dauertons.
Allerdings ist der Ton in Wirklichkeit nie lauter als das Schneeknirschen unter dem Schuh, etwa 20 Dezibel. Die Belastung kommt, wenn man genau hinhört, wenn man Stress hat oder aber den Ton nicht mag.
So richtig verstanden, warum der Tinnitus auftritt, hat man bisher noch nicht. Von Durchblutungsstörungen des Innenohrs bis zu Schädigungen der Haarzellen im Hörorgan reichen die Erklärungsversuche zur Entstehung des Tinnitus.
Entzündungen des Innenohrs, ständiger Lärm und ein lauter Knall, beispielsweise durch Feuerwerkskörper, sind geeignete Kandidaten, um einen Tinnitus auszulösen. In den meisten Fällen findet man allerdings keine direkte Ursache.
DAS KÖNNEN SIE SELBST TUN
Oft genug verschwindet der Tinnitus auch ohne jegliche Therapie, sie sollten zum Ausschluss anderer Ursachen des Ohrgeräuschs dennoch zum Arzt gehen. Danach ist Geduld sicher eine gute Strategie, etwas anderes bleibt Ihnen auch nicht übrig. Ist Ihr Tinnitus chronisch, sollten Sie z. B durch Gesprächstherapie versuchen, den bisher häufig als Katastrophenalarm aufgefassten Tinnitus als unwichtiges und ungefährliches Signal umzuinterpretieren, um ihn dann schliesslich zu überhören und so mit ihm (besser) leben zu können (= Tinnitus-Retraining-Therapie). Das Konzept des «Überhörens» beruht auf der Erkenntnis, wonach das Hören beim Menschen so abgestimmt ist, dass längst nicht alle vorhandenen Geräusche in das Bewusstsein vordringen. Geräusche, die für Sie völlig unwichtig sind, werden auch nicht von Ihrem Unterbewusstsein zum Bewusstsein weitergeleitet. So nehmen Sie z. B. die Geräusche des Kühlschrankes oder sonstige gewohnte Umgebungsgeräusche nach einer bestimmten Zeit nicht mehr wahr. Dies kann auch mit Ihrem Tinnitus geschehen. Die Wahrnehmung des Tinnitus soll vom bedrohenden Geräusch zu einem nicht belastenden Nebengeräusch verändert werden. Dabei können Ihnen Entspannungsübungen, Psychotherapie und das Erlernen von Stressbewältigungsstrategien helfen. Vor allem bei Schlafstörungen sind solche Übungen sehr wirksam. Für eine Tinnitus-Retraining-Therapie arbeiten Ärzte, Psychotherapeuten und Hörgeräteakustiker mit Ihnen zusammen. Die Behandlung dauert meist ein bis zwei Jahre.
Das Tragen eines «Noisers» kann Ihnen zusätzlich helfen, die Überempfindlichkeit gegen den Tinnitus abzubauen. Der Noiser wird Ihnen vom Arzt verschrieben und wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen. Der Noiser sendet kontinuierlich Geräusche aus, die Sie als angenehm empfinden. Dadurch integrieren Sie den Tinnitus positiv in Ihr Hören. So wird zwar aus dem Feind in Ihrem Ohr kein Freund, aber das ständige Fiepen wird etwas weniger belastend.
Lassen Sie zudem kontrollieren, ob Sie einen Hörschaden haben oder ob Ihr Hörgerät optimal angepasst ist.
DAS MACHT DER ARZT
Wenn Sie ein plötzlich aufgetretenes Ohrgeräusch haben, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es sich um einen Tinnitus handelt. Trotzdem wird Ihr Arzt durch Untersuchungen ausschliessen, dass das Geräusch eine andere Ursache hat, beispielsweise Entzündungen des Mittelohrs, einen Ohrenschmalzpfropf, Durchblutungsstörungen der Hirngefässe oder auch Tumoren des Hörnervs. Infusionen, mit oder ohne Kortison, Sauerstoff-Überdruck-Behandlung und andere Therapieverfahren dienen eher dem «Etwas-machen-Müssen», als dass diese Therapien auf seriösen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Tönt es erst seit drei bis sechs Tagen im Ohr, geben Mediziner heutzutage Kortison gegen den inneren Lärm. Was dies genau im Körper bewirkt, ist noch unklar. Doch nach zehn Tagen sind bei den meisten Patienten – mit oder ohne Behandlung – die Beschwerden weg.